Schlaflose Nächte haben oft ihren Ursprung im Tagesverlauf. Unser Körper folgt einem inneren Rhythmus (dem zirkadianen Rhythmus), der durch Licht, Aktivität und Verhalten geprägt wird. Wenn Du abends nicht abschalten kannst, liegt das manchmal daran, dass Dein Nervensystem noch im Tages-Modus steckt – sprich: Sympathikus aktiv, „Wachsamkeit an“. Um einschlafen zu lernen, muss man also bereits am Tag die Weichen stellen.
Ein zentraler Faktor ist Licht. Künstliches blaues Licht von Handy, Laptop & Co. am Abend sendet ein starkes Wach-Signal an Dein Gehirn. Es unterdrückt die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin deutlich stärker als z. B. warmes Licht. Harvard-Forscher fanden heraus, dass 6,5 Stunden blaues Bildschirmlicht am Abend die Melatoninproduktion doppelt so lang hemmte wie gleichhelles grünes Licht. Das bedeutet: Wer bis spät abends ins Display schaut, verschiebt seine innere Uhr nach hinten – das Einschlafen fällt schwerer. Experten raten, 2–3 Stunden vor dem Zubettgehen Bildschirme zu dimmen oder ganz wegzulassen. Alternativ helfen Blaulichtfilter-Brillen oder Nightmode-Apps, um den Blaulichtanteil zu reduzieren. Gleichzeitig kannst Du tagsüber das Gegenteil tun: Sorge morgens für viel Tageslicht, am besten natürliches Sonnenlicht. Helles Licht am Vormittag stellt Deine innere Uhr und sorgt dafür, dass abends zur richtigen Zeit Melatonin ausgeschüttet wird.
Neben Licht spielt das Nervensystem eine große Rolle. Wenn wir gestresst oder geistig aufgewühlt ins Bett gehen, bleibt der Körper in Alarmbereitschaft – an Einschlafen ist kaum zu denken. Hier helfen Atem- und Entspannungstechniken. Langsames, tiefes Atmen ist wie ein Signal an den Körper: „Alles in Ordnung, Du kannst runterfahren.“ Spezielle Atemübungen (z. B. die 4-7-8-Methode oder 5 Sekunden ein- und ausatmen) aktivieren den Vagusnerv und damit den Parasympathikus. Schon nach ein paar Minuten sinkt der Puls, der Blutdruck geht runter, und man fühlt sich schläfriger – das ist der Rest-and-Digest-Modus, den wir fürs Einschlafen brauchen. Wer Schwierigkeiten hat, vom Grübeln abends wegzukommen, kann eine kurze Achtsamkeitsmeditation im Bett probieren – etwa bewusst auf den Atem achten oder einen Bodyscan machen. Solche Techniken beruhigen den Geist und helfen beim Loslassen.
Auch Gewohnheiten am Tag prägen die Nacht. Koffein etwa hat eine Halbwertszeit von 5–6 Stunden – ein Nachmittagskaffee um 16 Uhr kann um 22 Uhr noch wirken. Ebenso kann intensiver Sport spät am Abend wach halten (obwohl regelmäßige Bewegung den Schlaf insgesamt verbessert, sollte man sie bis zum frühen Abend abgeschlossen haben). Stattdessen sind die letzten Stunden vor dem Schlaf ideal für kleine Stellschrauben Richtung Ruhe: Dimme das Licht (warm gedämpftes Licht stört kaum), vermeide aufreibende Gespräche oder aufregende Filme, und entwickle ein Ritual – etwa eine warme Dusche, Lesen, leise Musik oder Tagebuchschreiben. Solche Routinen signalisieren Deinem Gehirn: Schichtwechsel, jetzt darfst Du abschalten.
Fazit: Einschlafen lernen ist ein Prozess, der tagsüber beginnt. Indem Du für Balance sorgst – morgens Licht und Aktivität, abends Dunkelheit und Ruhe – hilfst Du Deinem Körper, seinen natürlichen Rhythmus zu finden. Wenn die Nacht dennoch unruhig wird, sei geduldig mit Dir: Statt Dich zu ärgern, lieber kurz aufstehen, etwas Entspannendes tun und es später nochmal versuchen. Dein Körper will schlafen – Du musst ihm nur die Chance geben.
Quellen:
Harvard Health – health.harvard.edu Cleveland Clinic / BetterUp – betterup.com